Bildungsfahrt Brüssel, 24. bis 26. Juni 2018

Sonntag, 24. Juni 2018

Nachmittags um drei ging unsere Reise mit 16 hochmotivierten Europafans aus Essen, Wuppertal, Bochum und Düsseldorf sowie unserem tollen Reiseleiter Max, mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn mit dem Zug los. In Köln kam es dann aufgrund von Verspätung zu einem Vollsprint-mit-Gepäck um den Anschlusszug zu erreichen. Die Fahrt nach Brüssel verging dafür aber, dank Bananenbrot, Wassermelonen und spannenden Gesprächen, wie im Fluge.

Nach einer kleinen Verschnaufpause in unserem Hostel, haben wir uns in Gruppen aufgemacht, etwas essen zu gehen, die Innenstadt so wie das Brüsseler Nachtleben auf eigene Faust zu erkunden und den Geburtstag eines Teilnehmers zu feiern.

Montag, 25. Juni 2018

Die Stimmung am Frühstückstisch war etwas verschlafen. Es gab zwar als Aufstrich nur Marmelade, aber dafür ausreichend Kaffee und das ist ja sicherlich das Wichtigste. Anschließend haben wir uns auf dem Grand Place zu einer Stadtführung getroffen. Die Tour führte uns vorbei an den großen Wahrzeichen der Stadt, zum Beispiel dem Königspalast und dem Manneken Pis, zur Feier des Nationalfeiertags gekleidet in slowenischer Nationaltracht.

Wir konnten einiges über die Hintergründe der faszinierenden Architektur erfahren, so wurden die Häuser nicht mit Hausnummern beschrieben, sondern anhand kunstvoller Figuren und Ornamente, diese meist die Gildenzugehörigkeit ihrer Bewohner ausdrücken. Außerdem gab es zahlreiche mit einem Comic bemalte Hauswände zu bewundern. Die Tour führte uns auch mitten ins Europaviertel, wo wir uns zunächst eine Mittagspause im nahe gelegenen Park gegönnt haben.

Unser Ziel für den Nachmittag war die Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen. In der Landesvertretung haben wir auch mit den restlichen Teilnehmer*innen unserer Bildungsreise, einer gemischten Gruppe aus Grünen und Grün-nahen Menschen aus NRW und Baden-Württemberg und einer Gruppe vom Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder zusammengefunden. Nach einer kleinen Stärkung bekamen wir von Dr. Christian Engel eine kurze Einführung in die Geschichte Europas und einen interessanten Vortrag über die Arbeit der Landesvertretung als Bindeglied zwischen der Landesregierung und dem Europaparlament. Die Gelegenheit Fragen zu stellen wurde reichlich genutzt, sodass es zu spannenden Diskussionen, z.B. über Tihange, Armin Laschet und EU-weite Lebensmittelstandards kam.

Unser neu gewonnenes Wissen konnten wir im fußläufigen Parlamentarium vertiefen. Die multimediale Ausstellung beleuchtet die Gründung, gemeinsame Geschichte und Kultur der Europäischen Union und gab Einblicke in die politischen und organisatorischen Strukturen. Durch die interaktionelle Aufbereitung der Ausstellung sowie dem Audioguide, der uns zur Verfügung gestellt wurde, konnte jeder nach Lust und Laune durch die Ausstellung streifen und sich ein wenig weiterbilden.

Nach unserem Aufenthalt im Parlamentarium sind wir gemeinsam durch den Parc Leopold spaziert und haben zu Abend gegessen. Das mediterran-orientalische Buffet lies auch für Veganer*innen-Herzen nichts zu wünschen übrig!

Abends (und nachts) wurden die Brüsseler Kneipen erfolgreich ausgekundschaftet; einige haben sich auch auf den Weg gemacht, das Atomium zu besuchen, was anlässlich des neuen Filmes, temporär, durch einen riesigen Schlumpf verunstaltet wurde.

Dienstag, 26. Juni 2018

Nach einer für viele kurzen Nacht ging es am nächsten Morgen mit einem weiteren kulturellen Höhepunkt weiter: das königliche Fin de siecle – Museum im Herzen von Brüssel. Mit einer Führung wurden uns Werke des Jugendstils, überwiegend stammend aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, nähergebracht. Unter anderem wurde in einigen Werken erstmals der Fokus von Adel, Reichtum und Kirche abgewendet und das Leben der Arbeiterschicht beleuchtet. Durch die Führung konnten wir auch etwas über die kulturellen und historischen Hintergründe der Kunstwerke sowie das Leben der jeweiligen Künstler erfahren, die eine Hälfte der Gruppe auf Deutsch und die andere auf Englisch.

Nach einer kurzen Mittagspause folgte der politische Höhepunkt der Fahrt: das Treffen mit Sven Giegold und der Besuch des Europaparlaments! Wie in der Landesvertretung gab es zunächst eine Einführung in die Arbeit des Europaparlaments und die deutschen Abgeordneten. Diese wurde uns von Herrn Axel Heyer gehalten. Die verschiedenen Fraktionen des EU Parlaments wurden vorgestellt, sowie bekannte Abgeordnete. Dass allerdings EU-Skeptiker (EFDD) und Rechtspopulisten und Rechtsextreme (ENF) im EU-Parlament vertreten sind, scheint zunächst ironisch. Insgesamt können Fraktionsmitglieder Mehrheiten mit allen anderen Fraktionen eingehen, aber von einer Zusammenarbeit mit Rechtsextremen wird abgesehen.

Mehr Einblick in die Grünen Europäischen Positionen konnten wir in einer Fragerunde mit Sven Giegold zu aktuell relevanten Themen wie bspw. geplanten und möglichen Freihandelsabkommen und den anstehenden Europawahlen erfahren. Das Thema Flüchtlingspolitik kam nur sehr kurz auf, aber das klare und leidenschaftliche Statement, über Asyl als Menschenrecht und die Notwendigkeit, Deutschland als Einwanderungsland anzuerkennen erntete reichlichen Beifall. Auch klärte er uns über einen zentralen Unterschied zwischen dem EU Parlament und z.B. Landesparlamenten und dem Bundestag auf: durch die Abwesenheit von Koalitionen und strikten Fraktionszwängen ergibt sich eine andere Arbeitsweise und interessante Zusammenarbeit zwischen Parteien, die man z.B. im Bundestag eher selten fände. Er betonte, dass man viel mehr auf konstruktive Zusammenarbeit angewiesen sei und er auch in den anderen demokratischen Fraktionen immer auf fähige Kolleg*innen stoße. Eine Besonderheit und Stärke des EU-Parlaments sei der Fokus auf dem Sachzusammenhang und weniger stehen personelle und fraktions-geleitete Überlegungen im Vordergrund. Dies sei auch einer der Gründe, weshalb es auf EU-Ebene möglich ist, Beschlüsse  zu fassen, die auf nationaler Ebene allein keine Mehrheit hätten, wie z.B. strengere Grenzwerte für Luftreinheit.

Zum Abschluss mussten ein paar Gruppenbilder mit Sven natürlich noch sein. Im Eiltempo gab es dann noch eine Ultra-Kurzbesichtigung des Plenarsaals, des Hemicycle, da wir uns um 15:30 Uhr dann auch schon rasch auf den Weg machen, um unser Gepäck im Hostel abzuholen und zum Bahnhof zu fahren.

Nach zwei unglaublich spannenden und erlebnisreichen Tagen, in denen unzählige interessante Gespräche geführt und Freundschaften geknüpft und vertieft wurden, ging es nun auf die Heimreise. Die gesamte Fahrt, aber vor allem der letzte Vortrag haben Mut gemacht, Mut für Politik, Veränderung und Europa und ich denke, dass ich für alle Sprechen kann: GJ goes Brüssel 2018 war ein voller Erfolg!

Eure Hannah